Dommusikverein St. Pölten
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Orgelzyklus Roman Summereder 2022

Im Rahmen der Konzertreihe Orgel plus 2022

ORGELZYKLUS ist ein neues Format der Orgelkonzerte der St. Pöltner Dommusik, begann mit dem Jahr 2021.

Mit Roman Summereder wird heuer, ein Künstler spielen, der gewissermaßen die Summe seiner Erfahrungen als konzertierender Organist, reflektierender Künstler und erfahrener Musiker zieht.



Sonntag, 5. Juni 2022, 18.00 Uhr

Dom St. Pölten

 

Werke von ...
Jehan Alain
Johann Nepomuck David
Johann Sebastian Bach

Roman Sumereder, Orgel

 

 

Details zum Programm finden Sie demnächst hier.

Programm dieses Abends:

„ … CE QUI SE PEUT FAIRE SUR L’ORGUE …
      WAS MAN AUF DER ORGEL MACHEN KANN …“

 

  • Johann Sebastian Bach, KYRIE, GOTT HEILIGER GEIST, BWV 671
    (1685–1750) à 5, canto fermo in pedale, in organo pleno

  • Isang Yun, FRAGMENT (1975)
    (1917–1995)

  • Charles Racquet, FANTAISIE DU VIII. TON:
    Exemple de ce qui se peut faire sur l’orgue
    (1597–1664)

  • Johann Nepomuk David, aus der „Partita über B-a-c-h“ (1963/65)
    (1895–1977)
    CONTRAPUNCTUS VII: Mosaique
    CONTRAPUNCTUS VIII: Gigue

  • György Ligeti, ETUDE NO. 1 – HARMONIES (1967)
    (1923–2006) 

  • Arnold Schönberg, VARIATIONS ON A RECITATIVE, op. 40 (1941)
    (1874–1951)

 

Hier zum Programm des Abends als Download.

 

Zum heutigen Programm ...

 

… CE QUI SE PEUT FAIRE SUR L’ORGUE … WAS MAN AUF DER ORGEL MACHEN KANN …


Mit dieser kurios-umständlichen Formulierung bezeichnete Marin Mersenne jenes Orgelstück, das er 1636 beim Notre Dame-Organisten CHARLES RACQUET bestellte: das kompositionstechnische Exemple war für das Orgelkapitel seines Lehrwerks Harmonie universelle vorgesehen. Es handelt sich um eine Fantasia zu vier Stimmen im 8. Ton: in vier Teilabschnitte gegliedert weist sie Racquet als excellent contrapuntiste aus, wie Mersenne ihn tituliert. Ihr tragendes Motiv läßt die Intonation der österlichen Vesper-Antiphon Regina caeli laetare erahnen. Variationsfreude, transparenter Satz und virtuose Gestik zeigen in der Tat, was auf der Orgel darstellbar ist. Zur Registrierung macht Racquet keine unmittelbaren Angaben, aber die mélanges bizarres der durch Mersenne mitgeteilten Registerkombinationen gehen auf ihn zurück: sie auszuprobieren, ist nach rund 500 Jahren immer noch spannend!

Was auf der Orgel (darüberhinaus noch) darstellbar ist, demonstriert das heutige Programm. Der reiche Klangvorrat der Metzler-Orgel im Dom zu St. Pölten entfaltet in vier schroff wechselnden Klangszenarien ein Spektrum der Orgelmusik des 20. Jahrhunderts. Die pfingstliche Aura entsteht wie von selbst, denn der Geist weht eben, wohin er will …
Gleich eingangs ist freilich hörbar: eine derart vollkommen in sich geschlossene Aussage in organo pleno wie JOHANN SEBASTIAN BACH sie in seiner fünfstimmigen Choralbearbeitung Kyrie, Gott heiliger Geist macht – lapidar im Klang, bei feinster Differenzierung im Stimmengeflecht – hat kein Komponist mehr erreicht. Der Cantus firmus ertönt
in langen Noten im Pedal und zitiert das 3. Kyrie aus Luthers Deutscher Messe: Kyrie, Gott heiliger Geist, stärk uns im Glauben allermeist, daß wir am letzten End fröhlich abscheiden aus diesem Elend, eleison!


ARNOLD SCHÖNBERGS einziges (vollständiges) Orgelopus, die „Variations on a Recitative“ – 1941 im amerikanischen Exil komponiert – gehört der retonalen Werkgruppe seines Spätschaffens an. Verankerung in d-moll und Anklänge an Max Reger erleichtern den Zugang keineswegs: die zerklüftete, fragmentierte Formarchitektur bereitet die gleichen Hörschwierigkeiten wie Schönbergs dodekaphones Oeuvre. Nicht von ungefähr ist in einem Brief an Gustav Mahler von wilden, geheimnisvollen Landschaften mit grauenerregenden Untiefen und Schluchten die Rede, die er in Klanggebilde umsetze. Überdies steht dieser erratische Block in seelisch-geistiger Nachbarschaft zu Werken aus Schönbergs letztem Lebensjahrzehnt, worin er den Holocaust zu verarbeiten versucht – gemeint sind der erschütternde „Überlebende aus Warschau “ und die unvollendeten „Modernen Psalmen“, deren erster bei … und trotzdem bete ich … unversehens abbricht.

Hatte Schönberg kritisch angemerkt, daß niemand so viele Farben braucht als die Orgel besitzt, fühlte sich GYÖRGY LIGETI im Gegenteil vom Reichtum unerforschter Klangmöglichkeiten angezogen. Unbeholfenheit, Steifheit und Eckigkeit des Instruments verglich er mit einer Prothese: es reizte mich herauszufinden, wie man mit dieser Prothese von neuem
gehen lernen kann. Seine „Etude No. 1“ Harmonies entstand 1967 – also in der Hoch-Zeit des Experimentierens mit dem Orgelklang – und „untersucht“ Eigenschaften des Orgelwinds. Fahle, merkwürdig fremdartige, „verdorbene“ Klangfarben entstehen durch graduelles Anziehen der Register. Diese Art des Registrierens bewirkt ein Verfließen und Verwischen
der 10-stimmigen Harmoniefolgen: gleich einem Vexierspiel schlagen sie in schillernde Farbschlieren um.

Und auch J. N. DAVID wandte sich in jenem Jahrzehnt – noch als 70-Jähriger – neuen Strukturgestaltungen zu. Nicht so sehr mit klanglichen Experimenten, vielmehr mit strenger Dodekaphonie setzte er neue Marksteine im Oeuvre. Das 12-Ton-Thema seiner Partita über die Tonbuchstaben B-a-c-h spiegelt im dichten Netzwerk der Umkehrungen und Krebsgänge sich selbst.

Stand die Orgel zentral in Davids Schaffen – als sein angestammtes Instrument – so war sie für den koreanischen Komponisten ISANG YUN ein neu zu entdeckendes Instrument eines völlig anderen Kulturkreises. Die gleichsam zeremonielle Entwicklung des kurzen, klanglich intensiven Stücks, das er schlichtweg „Fragment“
nennt, läßt aber an eine vorerst crescendierende, dann wie ins Nichts entschwindende Passacaglia denken. (RS)

 

Der Künstler des Abends

Roman Summereder

 

Roman Summereder, geb. 1954 und aufgewachsen in Ried im Innkreis. Nach Studien in Wien (Kirchenmusik, Orgel bei Anton Heiller, Musiktheorie und Komposition bei Kurt Schwertsik) und Brüssel (Cembalo bei Robert Kohnen) war er Korrepetitor am Brucknerkonservatorium Linz und beim Jeunesse-Chor Wien. Seit 1979/80 unterrichtet er an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien: Partiturspiel, Basso continuo, Geschichte und Analyse der Kirchenmusik, Leitung einer Orgelklasse 1999-2019.
Ur- und Erstaufführungen,
Mehrere Veröffentlichungen zur Orgel- und Kirchenmusik im Spannungsfeld der Moderne.
Meisterkurse, Lesungen und Workshops, u.a. an der Internationalen Sommerakademie für Organisten in Haarlem.
Summereder konzertiert an historischen und modernen Instrumenten, mit Repertoireschwerpunkt 20. und 21. Jh.
Im Messiaen-Jahr 2008 erhielt er für seine CD „Zungen aus Feuer“ (mit Werken von Schönberg, Messiaen, Reda und Ligeti) den Pasticcio-Preis des Senders Ö1. Große Aufmerksamkeit wurde seiner weltweit ersten Gesamteinspielung des Orgelwerks von Anton Heiller zuteil, aufgenommen an der Bruckner-Orgel der Stiftsbasilika St. Florian bei Linz (Label AMBIENTE). Zur Zeit ist er für dasselbe Label mit einem repräsentativen Querschnitt durch das Orgelwerk von J.N. David befaßt: Vol. I erschien 2017, Vol. II erscheint im Oktober 2020, Vol. III ist für 2023 vorgesehen.

Sein Repertoire reicht vom 16. Jh. bis in unsere Zeit. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei die zeitgenössische
Orgelmusik des 20. und 21. Jahrhunderts. Es gibt derzeit nur wenige Organisten, die sich eine so fundierte Kenntnis der Orgelmusik der vergangenen 120 Jahre erworben haben. Hinzu kommt eine spürbare Lust Querverbindungen über
Jahrhunderte und Stile zu ziehen, was sich für das interessierte Publikum in den jährlichen Programmen widerspiegeln wird.

 

 

 

 

Karten:

Karten: 18,- Euro / 9,- Euro

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