Dommusikverein St. Pölten
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Orgelzyklus Roman Summereder 2021

Im Rahmen der Konzertreihe Orgel plus 2021

ORGELZYKLUS ROMAN SUMMEREDER ist ein neues Format der Orgelkonzerte der St. Pöltner Dommusik, beginnend mit
dem Jahr 2021.

Mit Roman Summereder wird heuer, wie auch für die nächsten Jahre, ein Künstler eingeladen, der gewissermaßen die Summe seiner Erfahrungen als konzertierender Organist, reflektierender Künstler und erfahrener Musiker zieht.



Sonntag, 23. Mai 2021, 18.00 Uhr

Dom St. Pölten

 

Werke von ...
Johann Sebastian Bach
Karlheinz Essl
Ernst Krenek
Oliver Messiaen
Wolfgang Sauseng
Franz Tunder

Roman Summereder, Orgel

 

 

Programm dieses Abends:

In diesem Konzert hat Professor Summereder zwei ganz neue Werke der österreichischen Komponisten Karlheinz Essl und Wolfgang Sauseng dem Wiener Klassiker der österreichischen Moderne Ernst Krenek gegenübergestellt

Hauptwerk des Abends wird der besondere Orgelzyklus des großen französischen Komponisten Olivier Messiaen sein, die Messe de la von 1950. Ergänzt wird dieses Pfingstprogramm durch die rauschende Fantasia über das protestantische Pfingstlied Komm Heiliger Geist, Herre Gott von Johann Sebastian Bach aus der „Leipziger Handschrift“ und die ältere Choralphantasie über das gleiche Lied des bedeutenden norddeutschen Orgelmeisters Franz Tunder.

 

  • Fran Tunder: Komm heiliger Geist, Herre Gott
    (1614-1667) auff zwey clavier und pedal

  • Ernst Krenek: Sonate (in einem Satz) Op. 91/1 (1941)
    (1900-1991)

  • Wolfgang Sauseng: TRAVERSÉE DES TÉNÈBRES (2020)
    (Geb. 1956)
    Zwischenspiel aus dem Bühnenwerk „AION – die Flut“ (UA)
    Im Andenken an Wolfgang Glüxam

  • Karlheiz Essl: Unbestimmt
    (Geb. 1960)
    für Orgel mit mechanischer Registratur (2020)
    geschrieben für das Festival wien modern

  • Johann Sebastian Bach: FANTASIA SUPER
    (1685–1750)

  • Johann Sebastian Bach: Komm heiliger Geist, Herre Gott, BWV 651
    1685–1750)
    in organo pleno, canto fermo in pedalo

  • Oliver Messiaen: Messe de la Pentecote (1950)
    (1908-1992)
    * Entrée: Les langues de feu
    * Offertoire: Les choses visibles et invisibles
    * Consécration: Le don de sagesse
    * Communion: Les oiseaux et les sourcees
    * Sortie: Le vent de l´ésprit

 

Hier zum Programmheft des Abends

 

Zum Programm:

KARLHEINZ ESSL UNBESTIMMT

UNBESTIMMT ist eine Komposition für Orgel mit mechanischer Traktur, zwei Manualen und Pedal. Sie kann auch auf Instrumenten mit kurzer Oktave, in gleich bzw. ungleich schwebender Temperierung, aber auch in mitteltöniger Stimmung gespielt werden. Die Gesamtdauer beträgt etwa 7 Minuten. Der Pedalton c ist durchgehend zu halten und kann nach Belieben auch mechanisch fixiert werden. Die Akkordtöne sollen möglichst legato gespielt werden, so dass sich ein sich langsam verschiebendes Klangkontinuum ergibt, das aber niemals durch den Anschlag unterbrochen werden darf. Das Tempo ist sehr ruhig und langsam (MM = ca. 45), wobei Schwankungen nach oben und unten möglich sind. Der Charakter des Stückes ist durchwegs meditativ und kontemplativ und soll zu einer Art deep listening verführen, das von den SpielerInnen wie ein Ritual zelebriert wird.
Das Stück lebt von der Interaktion zwischen sich kontinuierlich verändernden Akkordstrukturen, die vom Organisten bzw. der Organistin auf zwei Manualen gegriffen werden. Deren harmonische Komponenten werden durch langsam und bedächtig gezogene Register mehr oder weniger stark hörbar gemacht. Die sich kontinuierlich langsam öffnenden bzw. schließenden Register erzeugen einen vorwiegend unbestimmten Klangeindruck, der das Wesen dieses Stücks bestimmt.
Dieses Element des Zufälligen und Überraschenden ist durchaus im Sinne des Erfinders. Erst am Schluss werden die Register voll gezogen, wodurch zuletzt eine strahlender Oktavklang auf dem Zentralton c erklingt. Die Wahl der Register hängt naturgemäß stark von der verwendeten Orgel ab. Die Oktavlagen sind festgelegt: in den
Manualen herrscht 8’ vor, während der Zentralton c im Pedal in 4’ erklingt. Ab Takt 41 wird ein 8‘ Register im Pedal hinzugefügt; in Takt 53 kommt ein 16‘ dazu. Am Schluss des Stückes wird der Motor des Gebläses abgeschaltet, wodurch der finale Oktavklang sich langsam zerstäubt. (KHE)

 

TRAVERSÉE DES TÉNÈBRES MUSIK ZUR OPER AION. DIE FLUT.

Im Jahr 2002 erhielt ich einen Kompositionsauftrag für eine „Kirchenoper“ anlässlich der Weihe der neuen Orgel in einer Wiener Innenstadtkirche. Andreas Obrecht, der Librettist meines ersten, im selben Jahr uraufgeführten Bühnenwerks „Das Staunen des Ezechiel“ verfasste auch das Libretto zu „AION. Die Flut“. Angelehnt an das alttestamentarische Geschehen rund um Noah’s Bau einer Arche und die darauf folgende Flut entstand ein eindringliches Szenario, in dessen Mitte Asanaifa, eine Seherin, steht. Diese führt ihr Volk – nach dem von ihr prophezeiten Eintreten der großen Regen – durch den „Gesang an die Nacht“ in den „Gesang an den Tag“, an neues Land. Unterschiedliche Gründe brachten die Realisierung einer Aufführung leider völlig zum Scheitern. Das Werk ist bis dato unvollendet, jedoch entstanden – neben zwei fertigen Bildern – die Zwischenmusiken für Gambenconsort und eine Zwischenmusik für die große Orgel. Sie steht im Zentrum des V. Bildes, wo die – im Pleno erklingende – „Königin der Instrumente“ ein durch Wellen und Sturm sich kämpfendes Schiff  versinnbildlicht – das neue Instrument sollte dadurch in besonderer Weise zur Wirkung gebracht werden.
Für diese Szene gibt der Librettist die Anweisung: Aus der ‚Finsternis‘ wird die absolute Dunkelheit der vernichtenden Flut. Das Schiff (die Orgel) fährt gegen die große Flut … an. Alles Leben schweigt, verharrt in vollkommener Ohnmacht. In der Zwischenzeit fügte die jüngere Geschichte dem Stoff einen zusätzlichen Akzent hinzu: Seit 2012 erleben wir ein bis heute unbewältigtes Drama, nämlich die Hilflosigkeit Europas angesichts der Ströme von Hilfesuchenden, die – auf der Flucht vor Krieg, Folter und Elend – zur „Passage“ durch die Dunkelheit zu neuer Hoffnung aufbrechen, abgewiesen werden, umkommen, oder doch von selbstlos agierenden Schiffsführer*innen in rettende Häfen gebracht werden – ähnlich wie Noah sein Volk in der Arche barg, ähnlich wie Asanaifa bei Obrecht ihr Volk in den neuen Tag führt. Das große Orgelsolo wird in der Oper von schwerem Schlagwerk begleitet, heute ist die Uraufführung der Fassung für Orgel alleine zu hören. Das Stück ist meinem Ende Juli 2020 verstorbenen Kollegen und Freund Wolfgang Glüxam gewidmet. (WS)

 

MESSE DE LA PENTECOTE / PFINGSTMESSE

... mit einigen Anmerkungen des Komponisten aus dem Brüsseler Programmheft von 1968, anläßlich der Aufführung von Messiaens Orgeloeuvre zu seinem 60. Geburtstag.

I | Entrée:
LES LANGUES DE FEU / DIE ZUNGEN AUS FEUER
Des langues de feu se posèrent sur chacun d’eux / Zungen aus Feuer setzten sich auf jeden von ihnen (Apg. 2/3)
Vier Klangfarben werden nebeneinandergestellt: Bourdon 16’ + Cymbale, Quintaton 16’ + Terz, Principal + Quinte in den Manualen, Clairon 4’ im Pedal.
Fast alle griechischen Versmaße werden benutzt (auch Fünfer-, Siebener und zusammengesetzte Rhythmen) und als irrationale Tondauernwerte dargestellt.

II | Offertoire:
LES CHOSES VISIBLES ET INVISIBLES / DIE SICHTBAREN UND UNSICHTBAREN DINGE (Nicänisches Glaubensbekenntnis)
Der Satz gliedert sich in sieben Abschnitte und eine Coda:
1. Drei Hindurhythmen werden als rhythmische Personen behandelt: die erste bleibt unverändert, die zweite wird größer, die dritte kleiner.
2. Ein melodisches Thema wird als Monodie vorgestellt.
3. 30 Permutationen von fünf chromatischen Dauern, auf 3 Klangebenen in 3 Modi, mehrmals unterbrochen vom unterirdischen Grunzen der apokalyptischen Bestie.
4. Überlagerung der Monodie (Abschnitt 2) mit einem Thema aus Neumen des gregorianischen Chorals.
5. Dramatische Entwicklung des 3. Abschnitts.
6. Die Monodie in Vergrößerung im Pedal mit 4’ gespielt, eingekleidet in Voix céleste-Harmonien im 3. Modus, überhöht von einer Aureole im Wassertropfen-Staccato der rechten
Hand (mit 4’ + Terz + 1’), unterbrochen von Vogelstimmen.
7. Kurze Reprise des 1. Abschnitts. Coda: kleine klangliche Reminiszenzen resümieren die wichtigsten Momente des Satzes.

III | Consécration:
LE DON DE SAGESSE / DIE GABE DER WEISHEIT
L’Esprit Saint vous rappellera ce que je vous ai dit / Der Heilige Geist wird euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe (Joh 14/26) Zwei alternierende Refrains rahmen
Perioden einer nach und nach sich entfaltenden Monodie ein. Die Monodie basiert auf dem 2. Alleluja des gregorianischen Pfingstpropriums; der 1. Refrain benutzt den Hindu-Rhythmus
Simhavikrama (= Stärke des Löwen), der zweite den Miçra varna (= Mischung der Farben). Beide Refrains erklingen mit Clairon 4’ im Pedal, eingekleidet als Klangkomplexe aus
einer Melodie der Resonanzen und einer Melodie der Klangfarben.

IV | Communion:
LES OISEAUX ET LES SOURCES / DIE VÖGEL UND DIE QUELLEN
Sources d’eau, bénissez le Seigneur; oiseaux du ciel, bénissez le Seigneur! / Wasserquellen, preiset den Herrn; Vögel des Himmels, preiset den Herrn!
(Daniel, Gesang der Jünglinge im Feuerofen)
1. Couplet: eine Vogelstimme (Amsel), darunter eine Wassertropfen-Passage
2. Couplet: Melodische Harmoniefolgen im 2. Modus Coda: höchster und tiefster Bereich der Orgel (32’ + 1) getragen von einem 8’-Klang in der Mitte.

V | Sortie:
LE VENT DE L’ÉSPRIT / DER STURMWIND DES GEISTES
Un souffle impétueux remplit toute la maison / Ein gewaltiger Windstoß erfüllte das ganze Haus (Apg. 2/2)
Der gesamte 1. Abschnitt ist die physische Vergegenwärtigung des Windstosses im Tutti der Orgel.
Der Mittelteil verbindet ein Symbol größtmöglicher Freiheit im Alleluja-Gesang der Lerche: rechte Hand bringt Phasen des Vogelflugs am freien Himmel.
Wogegen in linker Hand und Pedal eine rhythmische Permutation von äußerster Strenge abläuft. Coda: eine kurze Toccata überlagert eine melodische Reminiszenz
aus dem Offertoire.

 

Der Künstler des Abends

Roman Summereder

 

Roman Summereder, geb. 1954 und aufgewachsen in Ried im Innkreis. Nach Studien in Wien (Kirchenmusik, Orgel bei Anton Heiller, Musiktheorie und Komposition bei Kurt Schwertsik) und Brüssel (Cembalo bei Robert Kohnen) war er Korrepetitor am Brucknerkonservatorium Linz und beim Jeunesse-Chor Wien. Seit 1979/80 unterrichtet er an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien: Partiturspiel, Basso continuo, Geschichte und Analyse der Kirchenmusik, Leitung einer Orgelklasse 1999-2019.
Ur- und Erstaufführungen,
Mehrere Veröffentlichungen zur Orgel- und Kirchenmusik im Spannungsfeld der Moderne.
Meisterkurse, Lesungen und Workshops, u.a. an der Internationalen Sommerakademie für Organisten in Haarlem.
Summereder konzertiert an historischen und modernen Instrumenten, mit Repertoireschwerpunkt 20. und 21. Jh.
Im Messiaen-Jahr 2008 erhielt er für seine CD „Zungen aus Feuer“ (mit Werken von Schönberg, Messiaen, Reda und Ligeti) den Pasticcio-Preis des Senders Ö1. Große Aufmerksamkeit wurde seiner weltweit ersten Gesamteinspielung des Orgelwerks von Anton Heiller zuteil, aufgenommen an der Bruckner-Orgel der Stiftsbasilika St. Florian bei Linz (Label AMBIENTE). Zur Zeit ist er für dasselbe Label mit einem repräsentativen Querschnitt durch das Orgelwerk von J.N. David befaßt: Vol. I erschien 2017, Vol. II erscheint im Oktober 2020, Vol. III ist für 2023 vorgesehen.

Sein Repertoire reicht vom 16. Jh. bis in unsere Zeit. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei die zeitgenössische
Orgelmusik des 20. und 21. Jahrhunderts. Es gibt derzeit nur wenige Organisten, die sich eine so fundierte Kenntnis der Orgelmusik der vergangenen 120 Jahre erworben haben. Hinzu kommt eine spürbare Lust Querverbindungen über
Jahrhunderte und Stile zu ziehen, was sich für das interessierte Publikum in den jährlichen Programmen widerspiegeln wird.

 

 

 

 

Karten:

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